70 Jahre - und erst am Anfang

„Vorwärts, vorwärts, wir stehen erst am Anfang.“ Dieses Zitat des CAJ-Gründers Joseph Cardijn fiel bei der 70-Jahr-Feier der CAJ in der Diözese Passau häufig. Denn obwohl 70 Jahre eine lange Zeit sind, die Ziele, die 1948 zur Gründung des Jugendverbandes in der Diözese Passau führten, sind heute aktueller denn je. Zum Jubiläum veranstalteten die CAJler einen Festakt mit Podiumsgespräch im Haus der Jugend in Passau. Rund 90 Gäste waren der Einladung gefolgt. Neben den aktiven Mitgliedern waren auch Passaus Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD), Domdekan Dr. Hans Bauernfeind und viele ehemalige Mitglieder gekommen.

Am Vormittag machten die CAJler mit „Stadtfuchs“ Matthias Koppmann eine historische Stadtführung und besuchten auch Orte vergangener CAJ-Aktionen und das CAJ-Büro. Koppmann verdeutlichte den Jugendlichen, dass Rassismus und Ausgrenzung nicht erst Phänomene des 20. Jahrhunderts sind und dass die Zeiten, in denen Frauen keinerlei Rechte hatten, freie Wahlen undenkbar waren und die Justiz lediglich von der Meinung der Oberen abhängig war, noch gar nicht so lange her sind.

Den Gottesdienst im Freien zelebrierte CAJ-Kaplan Benedikt Oswald mit seinen Vorgängern KAB-Diözesanpräses Franz Schollerer, Dompropst Lorenz Hüttner und Domkapitular Helmut Reiner sowie Domdekan Dr. Hans Bauernfeind. Zu Beginn des Gottesdienstes segneten sie das neue CAJ-Kreuz, das das bereits mosch gewordenen CAJ-Kreuz vom Weltjugendtag 2005 in Köln ersetzt. Traditionell gibt es nach besonderen CAJ-Veranstaltungen ein „Mitgeberl“, das an das Ereignis erinnern soll. Nach dem Gottesdienst erhielten alle einen ovalen Anhänger aus Silber, auf dessen Vorderseite das Symbol für „sehen-urteilen-handeln“ eingraviert ist. Nach diesem Dreiklang, der vom CAJ-Gründer und Kardinal Joseph Cardijn stammt, gehen die CAJler heute noch vor bei der Analyse von Problemen. Sogar beim zweiten Vatikanischen Konzil wurde diese Herangehensweise genutzt.

CAJ-Diözesansekretärin Katharina Werner zitierte in ihrem kurzen Grußwort aus einem Zeitungsartikel von 1961. In dem Artikel heißt es: „Der tätige christliche Jugendarbeiter müsse sich für seine Kameraden verantwortlich fühlen. Überall wo er mit ihnen zusammenkomme, sollte er sich bemühen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und an den Nöten und Sorgen teilhaben.“ Das erinnerte Katharina Werner an das Auszeit-Wochenende. „Dort treffen sich ein Kaplan, ein Mittelschüler, ein Zimmerer und eine Lehramtsstudentin und verbringen Zeit miteinander, feiern Gottesdienst und interessieren sich füreinander.“ Dabei sei es egal, welche Schulbildung jemand hat oder welchen Beruf er ausübt.

Domkapitular Dr. Hans Bauernfeind lobte die „beeindruckende Gesprächs- und Meinungsbildungskultur“ der CAJler, von der er sich selbst schon in vielen Konferenzen habe überzeugen können. Er dankte den CAJlern für das Leben dieser „demokratischen Kultur, die ein Ausdruck christlichen Miteinanders ist und ihre Grundlage im Jugendverband selbst hat.“

Im Namen des Dachverbandes gratulierten Karin Rothofer und Matthias Zitzelsberger vom BDKJ dem Geburtstagskind CAJ mit einem Gedicht. „Du zeigst Beständigkeit, das ist nicht selbstverständlich in dieser schnelllebigen Zeit“, lobte Matthias Zitzelsberger das Engagement der CAJler über die Jahrzehnte hinweg.

Passaus Oberbürgermeister Jürgen Dupper dankte der CAJ als zuverlässiger Partner, der sich nicht nur mit „spektakulären Aktionen wie dem Deal in die Gesellschaft einmischt.“ Mit diesem Deal vor zehn Jahren habe die CAJ in einer Zeit, in der es viel zu wenig Ausbildungsplätze gab, ein Zeichen gesetzt. Der Deal mit der Stadt Passau als Ausbilder lautete: Sollten es die CAJler schaffen, genügend Spenden zu sammeln, um einem Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen, wird die Stadt Passau einen zusätzlichen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen. Mittlerweile haben die beiden Azubis – in der Verwaltung und der Stadtgärtnerei – ihre Ausbildung beendet und wurden in ein reguläres Arbeitsverhältnis übernommen. Damit hatte die CAJ gemeinsam mit der Stadt Passau zwei zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen, die es so nicht gegeben hätte. „Trotzdem geht uns die Arbeit nicht aus“, meinte Jürgen Dupper, auch wenn sich die Gesellschaft und die Arbeit seit der Gründung der CAJ verändert habe. „Mit guter Arbeit verbindert man immer noch ein gescheites Geld, gute Rahmenbedingungen und Repekt für seine geleistete Arbeit“, sagte der Oberbürgermeister. Damit begründete er, dass die Ziele, für die der Jugendverband kämpft, heute noch genau so aktuell sind wie zur Gründungszeit.

Stefan Hofmann, CAJ-Landessekretär in Bayern, und Rafael Kandizaora, CAJ-Bundessekretär, wussten die Passauer CAJler treffend zu charakterisieren: Sie lebten nicht nur das Motto „sehen-urteilen-handeln – und feiern“, sondern positionierten sich auch gegen Ungerechtigkeiten und für einen arbeitsfreien Sonntag.

Beim anschließenden Podiumsgespräch nahmen die CAJler Antonia Jürgensen aus Kirchberg im Wald (17), Eva Altrichter-Obermüller (40) aus Klafferstraß und Alois Nock (62), aktiver CAJler in seiner Jugendzeit und aktueller Geschäftsführer der Jugendbildungsstätte der KAB und CAJ in Waldmünchen, auf der Bühne Platz. Moderiert wurde der Abend von Sonja Fischer-Zoidl und Thomas Steger, beides langjährige CAJler. „Wie bist du zur CAJ gekommen? Was macht für dich das besondere an der CAJ aus? Wer hat seinen Partner bei der CAJ kennengelernt?“

Auf einer Leinwand wurden immer wieder Fotos aus den vergangen 70 Jahren eingeblendet. Schnell wurde deutlich, dass sich zwar die Mode und die Frisuren der CAJler im Laufe der Jahre verändert haben, vieles andere aber gleich geblieben ist: Die CAJler treffen sich immer noch gerne bei Wochenenden, demonstrieren für ihre politischen Ziele und kämpfen für eine faire Bezahlung, denn „jeder Mensch ist mehr wert als alles Gold der Erde“, wie CAJ-Gründer Joseph Cardijn einmal sagte.

 

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